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ACHTUNG – USA Richter sind gefährlich

Sie haben schon einmal einem Teil unserer Wirtschaft, der Uhrenindustrie, einen fast tödlichen Schlag versetzt.

I

Fünf vor zwölf, dass sich unsere Parlamentarier beim Bankenstreit mit den USA an das Antitrusturteil des New-Yorker Richters Cashin (1951) gegen die Schweizerische Uhrenindustrie erinnern. Auch damals schlugen sich die braven Eidgenossen auf die Brust, verkündeten laut und deutlich, dass sie sich den Übergriff eines amerikanischen US-Richters nicht gefallen liessen und zogen das Urteil an die nächste Instanz weiter. Mit dem Resultat, dass dieses Urteil bestätigt wurde und die USA, damals der Markt Nr. 1 für die Uhren-Industrie, die Zölle auf den Steinankeruhren um 50 % während fast 14 Jahren erhöhten.

Damit begann das Drama unserer damals ohnehin auf den Weltmärkten in Schwierigkeiten geratenen Uhren-Industrie. Zu den Millionen Ausfällen bei den Ausfuhren nach den USA kamen weitere Millionen von Anwaltskosten, die Honorare hochrangiger Spezialisten und Professoren sowie an dem sich in einem endloses Prozessieren und Komplottieren sattfressenden amerikanischen Lobbyisten. Ein sich über fast 14 Jahre dauerndes Trauerspiel bis es uns (ich war damals Leiter des Informationszentrums der schweizerischen Uhrenindustrie in Nordamerika) im Januar 1965 gelang, den Richter Cashin in die Knie zu zwingen. Statt den aussichtslosen und wohl kaum bezahlbaren Schritt eines Rekurses an das oberste Bundesgericht zu machen, war es uns unter Hinweis auf unsere öffentlich-rechtliche Rechtsordnung (damaliges Uhrenstatut) als Grundlage des der Uhren-Industrie vorgeworfenen Antitrustvergehens gelungen, eine vom damaligen Justizminister angeordnete Sistierung von Cashins Urteil zu erwirken.

II

Jeder, der mit der amerikanischen Justiz näher in Berührung kommt, weiss, dass Gerichtsverfahren wegen dem mehrheitlich geltenden Gewohnheitsrecht nicht dazu geführt werden, um zu gewinnen bzw. zu verlieren, sondern um den Gegner soweit zu bringen, dass er zu einem Vergleich bereit ist. Natürlich werden auch Prozesse ausgekämpft, aber vor allem dann, wenn es um Schadenersatzfälle geht und so Chancen bestehen die astronomischen Kosten des Prozessierens hereinzuholen.

Bereits bei meinem ersten Aufenthalt in den USA als Leiter des Rechtsdienstes des Schweizerischen Generalkonsulats in New York und später der Gesandtschaft in Washington (1949-1955) hatte ich in zahlreichen Fällen die Erfahrung gemacht, dass man tunlichst jedes allzulange Prozessieren vermeiden müsse. Als ich dann von der Uhren-Industrie 1964 nach New York geschickt wurde, hatte ich das Glück den Anwalt zu finden, der unsere in Bern vertretene Meinung, es handle sich letztlich um einen Konflikt zwischen zwei einander widersprechenden öffentlich-rechtlichen Grundsätzen, den zu entscheiden nicht Sache einer Partei allein sein könne.

Zum Glück gelang es unserem amerikanischen Anwalt, gemeinsam mit der Schweizerischen Botschaft in Washington, den zuständigen schweizerischen Behörden (damals vor allem die Handelsabteilung des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements, den Verbänden der Uhrenindustrie unter der Führung der Fédération Horlogère, der Uhrenkammer, der Ebauches SA, Asuac,usw. diese These in den USA an oberster Stelle, damals dem Präsidenten Johnson, vorzubringen, der dann auch dem Justizminister eine entsprechende Weisung erteilte.

III

Mit der Revision des Urteils Cashin wurde der Weg frei gemacht, um ungestört durch Gerichtsverfahren eine Lösung auf dem Wege einer Vereinbarung zwischen den Parteien – die Uhrenindustrie und die amerikanischen Uhrenfirmen, welche durch ihre Klagen das Antitrustverfahren ausgelöst hatten – zu finden. Ein sogenanntes consent decree , das an die Stelle des Cashin Urteils trat.

Was nun die Probleme der Schweizerbanken mit den Amerikanischen Steuerbehörden betrifft, ist es vorläufig für den grössten Teil der betroffenen Banken noch nicht zu einem formellen Gerichtsverfahren gekommen. Also bitte auf jeden Fall nicht wieder den gleichen Fehler, wie seinerzeit die Uhrenindustrie, begehen.

Finger weg von einem Gerichtsverfahren. Offenbar ist das auch der Grund, warum unsere Finanzministerin und ihr zuständiger Staatssekretär bemüht sind mit einer entsprechenden Dringlichkeits-Gesetzesänderung den Banken die Grundlage zu schaffen, die von Amerikanern verlangten Informationen straffrei geben zu können oder, aber dann allein unter ihrer eigenen Verantwortung, zu verweigern.

Klar ist auch, dass nur bei einer solchen Ausgangslage für die Schweiz die Möglichkeit besteht, eine einigermassen für die Banken (vor allem die zwei Kantonalbanken), aber auch für unser Land tragbare Lösung auszuhandeln. Natürlich bräuchten wir einen Anwalt, wie derjenige, den wir bei der Regelung des Antitrustfalles hatten. Also geben wir uns einen Ruck und vor allem steigen wir nicht aufs hohe Ross, denn wir sind vielleicht genau so gute Kavalleristen wie Steinbrück aber sicher nicht wie die Rodeo gewohnten Amerikaner…

6 Juni, 2013 at 8:34 am Hinterlasse einen Kommentar


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